2018 – Reisebericht

Hilfe in Gambia – Geben und Nehmen

Mitglieder des Erkelenzer Vereins „Sena Foundation for Gambia“ besuchten ihre Partner im Dorf Niumi Lamin.

Von Cornelia Birth

ERKELENZ „Welcome, welcome, wehelcome!“ Aufgeregt erwarteten die Vorschulkinder des Erkelenzer Vereins „Sena Foundation for Gambia“ ihren Besuch aus Deutschland. Die Kleinen aus dem gambischen Dorf Niumi Lamin bereiteten der zehnköpfigen Abordnung einen ganz besonderen Empfang, denn ihre Gäste durften sich fast wie Ausdauersportler beim Zieleinlauf fühlen, von singenden und jubelnden Kindern und Lehrern flankiert.

Und der Vergleich trifft es nicht nur, weil der Verein seit 2001 in Gambia wirkt, sondern weil der Weg vom Hafen der Hauptstadt Banjul über den Gambia auf die Northbank Ausdauer und Geduld erfordert. Die Hoffnung, endlich nicht mehr mit der brechendvollen und abgehalfterten Fähre übersetzen zu müssen, vor der das Auswärtige Amt ausdrücklich warnte, blieb leider unerfüllt. Präsident Adama Barrow orderte zwar schon ein neues Schiff, aber „Kunta Kinteh“ kann bei Niedrigwasser des Gambias nicht andocken. Hinein in den quirligen Menschenstrom und beieinanderbleiben, nichts für Zartbesaitete.

Am Ufer in Barra wartete der Schultransporter des Vereins, seit 2005 auf den rotstaubigen Geländepisten unterwegs, was ihm sichtlich zugesetzt hat. Durchgeschüttelt, aber am Ziel – Erleichterung und Freude! In den drei Klassenräumen der Vorschule sangen und klatschten die Kinder. Luftballons tanzten bald umher und die Kleinen lernten schnell, dass entweichende Puste auch quietschen kann – ein Riesenspaß! Dem Hauptlehrer überreichte Reinhard Welters ein gebrauchtes Laptop der Realschule Heinsberg. Der ehemalige Schulleiter war es auch, der die Schüler seinerzeit auf das Hilfsprojekt in Gambia aufmerksam machte, bevor er später selbst das Amt des stellvertretenden Vereinsvorsitzenden übernahm. Die Schüler spenden z.B. jeden Monat freiwillig einen sogenannten Gambia-Cent und leben als Unesco-Projektschule damit einmal mehr Solidarität vor. In Vorträgen erfahren die Heinsberger Schüler vom pensionierten Pädagogen nun in den nächsten Wochen das Neueste aus erster Hand.

Fernab des Touristenzentrums am Atlantik hat es das schwach entwickelte Hinterland schwer. Es fehlt auch an Schulmaterialien. Als 2017 die Erkelenzer Pestalozzischule geschlossen wurde, sichtete Lehrerin Liselotte Jopen allerhand Schulmaterialien und verstaute zusammen mit Elke Bürger vom Kunsttreff Erkelenz alles in großen Paketen, die vor Monaten auf die Reise nach Gambia gingen. Nun wurde zur Freude der staunenden Lehrer gemeinsam ausgepackt. Liselotte Jopen erklärte, wie die Kinder zum Beispiel am besten mit Logik- und Rechenspielen arbeiten können.

Die Lehrer hören Liselotte Jopen aufmerksam zu

Für leuchtende Kinderaugen sorgten auch viele kleine Geschenke der Volksbank und Kreissparkasse. Weiter ging die Tour durchs Dorf – zur frisch gestrichenen Krankenstation des Vereins. Die Mauer um das große Areal steht nun und soll vor Staub und Ungeziefer schützen. Auch hier sorgt ein Laptop samt Internetstick dafür, dass der Krankenpfleger den Erkelenzer Verein besser kontaktieren und fehlende Medikamente ordern kann. Ein erlebnisreicher Tag, der hungrig machte. Bekocht wurden die Reisenden von der Familie des Grundschullehrers im Dorf. Die Küche? Ein Häuschen, darin zwei offene (!) Feuerstellen, mit nur einem kleinen Fenster. Unvorstellbar, unter welchen Bedingungen Frauen Reis, Hühnchen, Fisch und Gemüse so lecker zubereiten. „Selbst für mich sind das nach 21 Jahren immer wieder neue Eindrücke und Erlebnisse“, brachte es Vorsitzende Natascha Janssen auf den Punkt, seit dem Tod ihres Vaters Bernhard Janssen 2009 im Amt. Fruchtbare Felder hinter dem Dorf, wenige Meter vom Ufer des Gambias entfernt, erinnern die Mitglieder des Erkelenzer Vereins einmal mehr an ein Paradies – ein Geben und Nehmen. Thank you – Abaraka Bake! So heißt das auf Mandinka, einer Landessprache Gambias.

http://www.rp-online.de/nrw/staedte/erkelenz/hilfe-in-gambia-geben-und-nehmen-aid-1.7446686

Begegnungen mit Engagierten für „Mama Africa“

ERKELENZ (bir) Neben dem Besuch des Dorfes Niumi Lamin wartete in dieser knappen Woche ein Kontrastprogramm auf die Mitglieder des Sena-Vereins. „Education is a human right“ leuchtet in großen Buchstaben auf einer Tür in der Schule von Annette Jaiteh. In Serekunda, Gambias größter Stadt, leitet die Deutsche als einzige Europäerin eine Vor- und Grundschule in belgischer Trägerschaft – mit etwa dem Zehnfachen der Betriebskosten, die der Erkelenzer Verein „Sena Foundation for Gambia“ jährlich insgesamt einplanen muss. Annette Jaiteh, die den Erkelenzer Verein stets mit Rat und Tat unterstützte, zeigte den staunenden Besuchern den verwirklichten Traum ihres afrikanischen Schulkonzeptes “The Swallow”. Sogar einen Schulgarten und einen Computerraum gibt es dort. Mädchen und Jungen tauchen in eine ganz andere Unterrichtswelt ein, unterstützt von Studenten aus ganz Europa. Dass eine kleine Schule auf der Northbank, einer der ärmsten Ecken Gambias, da nicht mithalten kann, ist mehr als verständlich. Aber darum geht es auch nicht. Vor allem die dort besonders benachteiligten Mädchen erhalten in der Sena-Vorschule eine gute Förderung, ohne die die Kinder in der Grundschule nicht mitkämen. Und darauf sind die Mitstreiter des Erkelenzer Vereins besonders stolz. Die Unterstützung durch Spenden aus Deutschland macht ihr Hilfsprojekt im Hinterland seit 2001 erst möglich.

                                                                              Education is a human right – Bildung ist ein Menschenrecht

 

Eine besondere Augenweide war auch der Besuch bei der bekannten Künstlerin Isha Fofana, die das Bild des neuen und fortschrittlichen Gambias verkörpert. Isha Fofana und ihr deutscher Mann Bernd Ax haben sich mit der Gründung ihrer gemeinnützigen Organisation „Mama Africa“ einen Traum erfüllt und auch eine Schule für Homöopathie gegründet. In Gambia ist die Gesundheitsversorgung dürftig, teuer und nur für wenige Menschen zugänglich. Junge Menschen erhalten durch ihre umfassende Ausbildung eine echte Berufsperspektive und bringen damit ihr Land weiter, das immer noch eine hohe Flüchtlingsquote vorweist. Ganz besonders liegt dem Ehepaar die gezielte Ausbildung der Frauen am Herzen, die fit fürs Leben gemacht werden und selbstbewusst ihre Zukunft in einem von Männern dominierten Land gestalten lernen. Fofana lebte viele Jahre in Deutschland und ist befreundet mit einer Lehrerin an Reinhard Welters ehemaliger Realschule. So klein kann die Welt sein.

Reinhard Welters überreicht Isha Fofana ein T-Shirt der Realschule Heinsberg

http://www.rp-online.de/nrw/staedte/erkelenz/begegnungen-mit-engagierten-fuer-mama-africa-aid-1.7446685

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